Samstag, 20. Februar 2010

Chinesisches

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Ich entdecke für mich ein neues China und mache den bekannten Franzosen nach, das erste "Ch" als melodisches "Sch" auszusprechen. Ich arbeite nun mit vielen Studenten aus Shanghai und auf einmal ist das große unbekannte Land nicht mehr so fremd.

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Für viele, die aus der größten Metropole (20 Mio. = ein Kasachstan mit seinem 15 Mio. + 5 Mio. Slovaken, und auf einem Fleck!) herkommen, ist es unglaublich ruhig hier.
Mädels meckern, dass das Essen hier sie dick macht, und zwar schnell. Trotzdem kaufen sie leckere Kuchenstücke und kosten Stollen ein. In Schina haben die Torten und Gebäck einen schlechten Ruf - sie seien kompliziert bei Zubereitung und sollten professionell wirken. Nicht für jeden Chinese.
"Was isst ihr dann zum Nachtisch?"
"Reis" (anders gekocht und mit der Füllung).
"Also, Nachtisch für euch bedeutet nicht automatisch was mit Zucker"
Chinesen machen große Augen und schreien kollektiv "Nein".

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Kollektives Verhalten ist es bei ihnen reichlich vorhanden. Ich habe vermutet, die neuen Zeiten ändern sie, aber dann ertappe ich mich beim Gedanke, sie leben immer noch im sozialistischen System.

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Wir diskutieren über die Meinungsfreiheit. Leider landen wir nur auf die Ebene vom Facebook-Verbot. Weiter will man sich nicht äußern.

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Manchmal denke ich, dass wir wirklich ähnlich aussehen, obwohl ich es stetig verneint habe. Ein wenig doch schon.

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Gestern bin ich zu einem Geburtstag eingeladen. Auf einmal war ich im Mittelpunkt der Party. Unfreiwillig. Um die Spannung abzubauen, habe ich meine alte Verhaltensstrategie hervorgerufen: ich habe ununterbrochen geredet. Das Niveau des Vertrauenswürdigkeit stieg rasant. Es hat Spaß gemacht bis dem Moment, als ein junger Mann seine traurige Liebesgeschichte mir erzählt hat. Vor allen. Alle wussten die Geschichte von A bis O, und zeigten kollektiv Mitgefühl. Er hatte eine gute Freundin, später wollte er aber sein Status zum "Boyfriend" wechseln. Das Mädchen hat drauf nicht reagiert. Und der Arme weiß nicht, was er nun machen soll. Ein klassischer Liebeskummer unter chinesischer Sonne. Der wirkte auf mich so traurig, dass ich in seine Augen kaum schauen konnte. Eine, die neben mir saß, fügte motivierend hinzu: "Guys are in general so sensible". Der Junge suchte in mir eine mentale Unterstützung. Ich war auf so eine Entwicklung des lustigen Abends gar nicht vorbereitet. Und dann kam mein Hauptstatement sozusagen an: Jeder Mensch hat das grundlegende Recht zu wählen, auch jemanden, den er lieben wird. Und dieses Schanghai-Girl hat auch Recht auszuwählen und man müsste eigentlich das respektieren.
"You for sure don´t fall in love with every pretty person you meet. You`ve also have chosen someone. That is your privelege. That is your sole right."
Der nickte zu, mit Tränen in Augen. Nach einer Weile ging er in sein Zimmer.
Später dachte ich: bin keine Beziehungsberaterin. Nächstes Mal halte ich meine Klappe zu vermeide ich, meine pseudo-psychologische Fähigkeiten zu demonstrieren.
Ich wünsche diesem jungen Mann alles Beste auf dem privaten Lebensweg.

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Asien ist nicht so einfach.

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