Freitag, 14. Dezember 2012

500. Eintrag

Der Termin für meinen Wettkampf steht fest. Als ich den erfahren habe, habe ich natürlich mein Team erfreulich benachrichtigt; eine Woche davor und ein Tag danach (zum Ausheulen und zum Fressen) den Urlaub beantragt; den Landesverbandchef zum Antragsverfahren  der Starter-Lizenz angerufen; in Facebook nach möglichen Mitstreiterinnen gesucht und dann wurde es auf einmal still. Das erste Training danach war schon anders. Fokussierter, anstrengender, mit vielmehr Druck. Im Spiegel des Umkleideraums wurde langsam das Ausmaß meiner kranken Ambitionen klar: Welches Wunder soll in nächsten 4 Monaten geschehen, damit ich einen Titel gewinnen kann? So läuteten die ersten Glocken des Selbstzweifels. In der Nacht las ich einen Erfahrungsbericht von einer Athletin. Das ist im Grunde genommen kein Bericht, sondern ein professioneller Leitfaden zur Vorbereitung mit prägenden 22 A4-Seiten, den kaufte ich noch vor einem Jahr. Das beruhigte mich ein bisschen: Kapitel „Angst“ war besonders interessant.

Gestern war ich trainieren. Beim Aufwärmen habe ich mit Leuten im Vorfeld abgesprochen, die zum gleichen Gerät wollten, dass wir uns inzwischen abwechseln (Fitness-Studio-Etikette, die wenige Besucher der populären Kette mit einem ukrainischen Werbegesicht kennen), sie haben bereits begonnen und ich war mit meiner Technik im Spiegel nebenan beschäftigt. Als die Zeit gekommen ist, ich war warm, habe ich gefragt, ob ich dran konnte. Dazu haben sie mir gesagt, dass sie ja noch weitere Übung machen wollen und zwar jeder von beiden je 6 Sätzen. Ich bin normalerweise für Harmonie im ganzen Universum und für Weltfrieden, aber der selbstgemachte Druck des kommenden Wettkampfes hat in mir vorher unbekannte Aggressionsquellen entblößt. Ausflippen heißt es im Normaldeutsch? Im Klartext: Hysterikerin Ich kann laut sprechen! Ich kann ins Gesicht zweier Männern, die zweimal größer und viermal breiter als ich sind, böse schauen und meine Augen exakt kontrollieren, damit sie nicht runterdrehen und somit eine mentale Niederlage subtil signalisieren. Ich kann sachlich diskutieren! Das ist mein Plan, Jungs! Ich weiche keine cm vom Plan aus Die Aufmerksamkeit des Raums mit dicker Luft ist inzwischen auf uns gerichtet worden. Sie wollten nicht nachgeben und mit aller Aufmerksamkeit von Angehörigen des gleichen Geschlechts um Gottes Willen bloß kein Gesicht verlieren. Plötzlich ist mein Verstand zurückgekehrt (nicht ohne Hilfe meines Vorstellungsvermögens – alleine zwei Finger der Faust vom Zierlicheren von beiden werden für eine Intensiv-Krankenstation völlig ausreichen). Ich habe vorgeschlagen, dass ich die Gewichtsscheiben selbst auswechsle. Es hat funktioniert, sie haben frech geschmunzelt, aber es war mir in dem Moment piep-egal, Hauptsache – ich machen meine fünf Sätze mit 2-Min-Pause und Punkt. Nach zwei Sätzen hat mir einer mit einem König-Gesten Bescheid gesagt, „Mach eh weiter, wir haben eh keine Lust mehr“. Da habe ich mich an eine Geschichte erinnert, da hat eine Sportlerin auf ihrem Blog kurz vor dem Contest geschrieben, dass sie - physisch und mental am Ende – bereit gewesen war, einen Mann mit Handhanteln zu schlagen, der zum ihrem Gerät wollte, als sie ein Super-Set machte (nacheinander folgende Übungen ohne Rest). Ich bin noch vier Monate vor dem Termin, esse viel und trainiere noch nicht extrem, aber das sind schon erste Zeichen des komischen Verhaltens.

Was ich sagen wollte: der Prozess fasziniert mich. Der ändert mich. Nicht dass ich assozial rumlaufe, nein. Das ist ein spannender Weg der Selbsterkenntnis. Sport ist die höchste Form der Arroganz. Schmerzen, Müdigkeit, permanente Kein-Bock-Laune, hohe Ausgaben für Trainer/Essen usw. – sind feste Bestandteile dieses arroganten Weges. Ich hoffe, dass meine Erwartungen sich erfüllen und ich endlich mal ein Grundkonstrukt der Selbstdisziplin baue. Es bleibt spannend.

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