Sonntag, 15. Januar 2012

Wie viel Lob kann man ertragen?

Letzte Zeit konfrontiere ich mit dieser Fragestellung. Vorab: gelobt werde nicht ich!
Ich habe eine sehr gute Bekannte, die in der Ukraine lebt und einen erfolgreichen kulinarischen Blog führt. Sie ist unter anderem meine Inspiration in Fragen Selbstdisziplin und Konsequenz. Nach jedem Blogeintrag bekommt sie jede Menge Lob zum Rezept und zu fast professionellen Fotos. Da wir alle nach Anerkennung wie Verrückte suchen, ist es ihr jedesmal angenehm, solche lobende Kommentare zu lesen. Das war schließlich das Ziel der ganzen Unternehmung, positiv bewertet zu werden. Aber neulich sagte sie mir, dass nach jedem so einem Eintrag fällt es ihr schwer, sich zu zwingen, weiterzumachen. Typisch perfektionistisch, ne? Oft ist das grässlichste Erfolgsbemessungstool nicht andere, sondern das beste und das erfolgreiche Ich.
Stimmt, im Lobe ist a waaay mehr Zudringlichkeit als im Tadel, bravo Herr N. Neulich las ich einen Artikel, dass Lob (inbesondere in De) mehr für die Manipulation ausgenutzt wird. Das klassische "Weiter so!" ist ein gutes Beispiel für mehr Leistung zugunsten der anderen.
Viel anspruchsvoller finde ich aber, wie man das Lob entgegennimmt, annimmt, beschweigt. Insbesondere für diejenige, die aus solchen Kulturkreisen kommen, wo Lob erst nach dem Tode der Person angemessen ist. Also, aus K. Die Frage kompliziert sich, wenn die Person zum Unglück weiblich geboren wird. Nicht geschimpft ist genug gelobt. Meine junge Verwandschaft, die mit -ova oder -eva die Welt beglücken, soll aber schon anders sein. Das gibt Hoffnung. Neulich erwiderte eine Cousine mein Kompliment mit einem seriösen Gesichtsausdruck im Skype-Fenster: "Danke, es stimmt". 

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