Donnerstag, 25. April 2013

Zugemüllt

Seitdem ich in meine schöne Wohnung eingezogen bin, bin ich alleine fürs Hinstellen meiner Mülltonnen zuständig. Kein Hausmeister, kein Concierge oder keine Hausverwaltung macht es nun für mich. Erwachsen werden erfordert harte Disziplin: bloß nicht den Tag vom Müllabfuhr verpassen, sonst wird's stinkig. Wie so oft im Leben ist, kommt dieser große Tag ganz plötzlich. "Hm erst neulich war es doch!" Ich erinnere mich daran, wenn ich mich spät abends nach Hause krieche und Mülltonnen von Nachbarn im Hof stehen sehe. Oder zufällig in den Abfall-Kalender reinschaue, wenn ich nachts was esse. Also, die Tendenz ist eindeutig klar: mir fällt diese einfache Aufgabe im Haushalt in der späteren Stunde auf, so dass ich mir nicht mehr traue, in die Tiefgarage runterzugehen und die Tonne nach draußen zu bringen. Unsere Tiefgarage ist angeblich nach Muster von einem Bunker projektiert worden. Dicke Türen, niedrige Decken, alles in der freundlichen Zement-Farbe: gesunde Menschen bekommen da automatisch eine Phobie, sei es Platzangst oder Für-immer-eingesperrt-bleiben-Furcht. Ich gehe aus dem Grund nachts nicht dahin und stelle lieber den Wecker früher, damit ich vor dem Müllabfuhr die Sache energisch erledige. Der Erfahrung nach sind sie vor 7 Uhr nicht da. Gestern war es wieder soweit. Am dunklen Abend musste ich feststellen, dass es heute der Tag ist. Das ganze Land war mit Dortmunder vorm Fernseher und ich mit Cola Zero vom Rewe zurück. Niemand war auf der Straße. Ich kämpfte innerlich, ob ich doch die Tonne hochbringe, aber die Angst überstieg ("keiner hört mich aus dem Bunker in der Euphorie der deutschen Champions League-Finale, falls ich da stecken bleibe"). Heute morgen hörte ich meinen Wecker nicht. Als ich aufwachte, war es kurz nach 7. Ich zog schnell Jeans und die Jacke an und rannte die Treppe runter. Dann holte ich schnell die Tonne und rollte sie geräuschvoll bis zum Ausgang. Die Biotonnen standen noch unberührt, aber die mit Restabfall wurden schon geleert. Ich hörte aus der Ferne die Müllabfuhrmaschine und lief mit meiner schwarzen Tonne der letzten Hoffnung entgegen. Die Müllleute waren an den Häusern in der Kreuzung ran. Das ist lockere 100 Meter entfernt. Mit Gestik und panischer Mimik kommunizierte ich aus der Ferne mein Anliegen (dabei lief ich weiter). Der gute Mann war freundlich und wartete auf mich. "Sorry-sorry, komplett verschlafen" sagte ich noch hinzu. Dann leerte er meine Tonne und wünschte mir noch einen schönen Tag. Mit vollem Assi-Look (Gesicht ungewaschen, Haare nicht gekämmt), nun leichte Tonne schleppend stand ich am Ampel und wenn es grün wurde, ging ich voll zufrieden nach Hause. Dem schönen Tag entgegen.

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