In diesem Monat an einem dieser eisigen Tagen feiern wir viermonatigen Geburtstag. Mein Kummer und ich. Der ist eigenartig. Ich weiß nicht, wann er den Gang genommen hat, aber den Tag, an dem ich ihn identifiziert habe, spiele ich im Kopf immer und immer durch. Es war sonnig. Na ja, nicht wirklich "eigenartig" für Astana. Ich trug meine weiße Pulli, fuhr im weißen Auto, wir hielten am Ampel in der Pushkin Straße an. Da, in dem Moment wusste ich schon, dass es mir bald nicht so leicht sein wird.
Der ist fies. Er kommt nicht an regnerischen und nassen Tagen, nicht an den einsamen Tagen in einem russischen Dorf, wofür sogar Google Maps keine anständige Auskünfte geben kann, nicht wenn man alte Fotos durchklickt und vor Melancholie totschweigen soll, nicht wenn man 38-Fieber hat, nicht wenn alles einfach blöd ist. Nein, er ist wählerisch. Er kommt in den Pausen der faszinierenden Gesprächen, in fröhlicher Ambiente in einer lauwarmen Herbstnacht, vor dem Spiegel in der WC des Restaurants, wo wir Geburtstage bester Freunden feiern, in der Parfümerie, wenn ich tausend Schminke rieche und auf der inneren Seite des Handes teste und nicht sofort kaufe, sondern wenn ich auf dem Heimweg tausend Mal überlege und sofort bestelle, als der Rechner zu Hause hochfährt und ich alles mögliche bestätige (Ja, mein Warenkorb ist voll!) und noch 10 Min. zufrieden grinse und vorfreudig Bilder vom Wunschprodukt angucke. Da taucht er auf.
Was ist er? Er ist so klassisch weiblich "Keine Ahnung": ich weiß nicht, was mich besorgt, worum ich trauere, ob der Kummer einen menschlichen Namen trägt, welche Schmerzen er mitbringt. Null Idee, wie lange er dauern wird. Symptome sind sehr vage. Alles, was mir bekannt ist: ich habe den.
Auch gestern. Der Tag, den Bürger Tunesiens wahrscheinlich als traumhaft bezeichnen könnten: idyllisch, harmonisch, still. Ich war umringt von den besten Eltern. Zu Mittag gab es leckerste Kürbis, gefüllt mit zartem Hackfleisch. Der Bruder schickt eine Sms: Soll ich diese oder jene Gesichtscreme kaufen? Ich erledige fast alles aus der To-do-Liste. Als Tageskrönung höre ich die Stimme von der PhD (pretty-honey-darling) Maria. Mama erzählt über ihre lustigen Tagesimpressionen. Und ich habe ihn, den unbekannten Kummer. (Marie, ich hab mein Bestes gegeben, um ihn zu verstecken)
Im Bett sehe ich wild alle YouTube-Clips, die mit Suchwort "kummervoll" gefunden werden können. Am Ende finde ich was. Glückwunsch: Ich habe einen offiziellen Kummersong.
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